Der Herbst des Lebens


In den Ausschüssen und Plenarsälen des Bundestages tobt die Rentendebatte, und vielen Bürgern schwirrt schon der Kopf: Wie soll ich für mein Alter vorsorgen? Früher hat man sich auf die Rente verlassen. Doch diesbezügliche Hoffnungen zerstört Georg Thilenius, unabhängiger Vermögensverwalter in Stuttgart, kurz und bündig: "Die Rendite der staatlichen Rentenversicherung wird inflationsbereinigt fast Null sein. Sie werden nicht umhinkommen, Eigeninitiative zu ergreifen, wenn Sie im Ruhestand ein gesichertes Einkommen haben wollen", erklärt er. Doch genau da beginnt das Problem: Welche der unzähligen Möglichkeiten zur Geldvermehrung und Altersvorsorge soll man wählen?

Wie wäre es mit den klassischen Anlageformen aus den Kindertagen der Republik? "Gold ist bereits seit bald 20 Jahren kein lohnendes Investment mehr", sagt Thilenius; die Rendite eines solchen Investments sei fast Null. Sollte man statt dessen auf Schiff-Fonds oder Schiffsbeteiligungen setzen? "Solche Modelle sind nur etwas für Anleger mit einer hohen Steuerbelastung; ohne solch eine Belastung rechnen sie sich oft nicht", erklärt Thilenius. Die Rendite solcher Anlagen sei abhängig von der Steuerpolitik der Regierung, welche diese Form des Steuersparens allmählich austrocknen wolle, und oftmals seien diese Modelle aufgrund der hohen Provisionen, die zwischen 10 und 20 Prozent betragen könnten, nicht lohnend.

Wenn nicht Gold oder Schiffe, dann doch wenigstens Immobilien? Hier hat Thilenius einen Vorschlag: "Wer jetzt ins Berufsleben einsteigt, kann zusammen mit ein paar Freunden ein Mietshaus mit Denkmalsschutz erwerben und den Renovierungsaufwand steuerlich abschreiben", schlägt er vor. Ein solches Modell könne für den Anleger steuerlich interessant sein. Weniger Arbeit macht ein Immobilienfonds. "Von geschlossenen Immobilienfonds rate ich den ungeübten Anlegern ab", warnt der Vermögensverwalter allerdings. Hier sei das Risiko sehr hoch, zudem sei diese Anlageform in der Regel sehr illiquide. Aber auch offene Immobilienfonds finden wenig Beifall bei Thilenius: "Die langfristige Rendite solcher Fonds liegt im Durchschnitt bei etwa 5 Prozent im Jahr, und derzeit ist nicht absehbar, ob sich solche Renditen angesichts der Geburtenrückgänge und der Überversorgung mit Immobilien in vielen Gegenden auch noch in 20 Jahren erzielen lassen", erklärt er.
Wie wäre es denn mit Staatsanleihen - sind die nicht sicher und einigermaßen profitabel? "Sicher ja, profitabel nein", lautet die Antwort des Vermögensverwalters. "Eine Bundesanleihe rentiert mit sechs Prozent, nach Abzug von Steuern bleiben Ihnen je nach Steuersatz zwischen 3 und 4 Prozent. Inflationsbereinigt sind Sie rasch bei einem Nettoertrag von ein bis zwei Prozent", rechnet er vor.

Also doch Aktien. Angesichts des mit dem Kauf von Aktien verbundenen Aufwands - vielleicht ein Fonds? Schließlich bieten die großen Fondsgesellschaften beispielsweise Sparpläne an. "Die Idee der Sparpläne ist gut, das Produkt ist teuer", erklärt Thilenius. Neben den einmaligen Kosten für den Abschluß müsse der Anleger bis zu2 Prozent für die Kosten des Managements sowie die Verwaltungskosten kalkulieren. "Wer von 100 Mark nur 97 investiert, merkt das über die Jahre hinweg - das ist eine Menge Geld", warnt Thilenius. Aus einem ähnlichen Grund rät er von Lebensversicherungen ab: "Die Gebühren von bis zu vier Prozent für den Abschluß und drei Prozent für die jährliche Verwaltung nagen mehr an der Rendite, als Sie es vermuten." Die gleiche Kritik hat er auch bei den Altersvorsorge-Fonds, die der Gesetzgeber extra zum Zwecke der privaten Vorsorge zugelassen hat. Darüber hinaus bemängelt er an diesen Produkten, daß die in diesen Fonds enthaltenen Immobilien und Renten die Rendite schmälern.

Wir ahnen es zwar schon, aber dennoch die Frage: Wie sorgen wir denn am besten für den Herbst des Lebens vor? "Mit den richtigen Aktien" erklärt Thilenius. Und welches sind die richtigen Aktien? "Mit Blick auf die Altersvorsorge rate ich zu Aktien von Unternehmen, die seit Jahren erfolgreich am Markt sind, ihre Gewinne stetig um 15 bis 20 Prozent jährlich gesteigert haben und weitgehend unabhängig von Wirtschaftszyklen und Modetrends sind." Die Erfahrung habe gezeigt, daß die Kursentwicklung solcher Titel in der Regel nahezu automatisch der Entwicklung der Gewinne dieser Unternehmen folge. Und wer Aktien über eine Direktbank ordere, spare sich im Vergleich zu den Fonds zudem eine Menge Gebühren. "Seien Sie diszipliniert, und kaufen Sie alle paar Monate, wenn Sie etwas angespart haben, ein paar dieser Titel", rät Thilenius.

Nun gut, aber welche Werte sind das? "In Deutschland sind das beispielsweise Wella und Beiersdorf, in Amerika Unternehmen wie Pfizer, Johnson & Johnson oder Colgate", rät Thilenius. Pharmawerte sind überhaupt seine Favoriten: "Patente sichern den Unternehmen eine sichere Einnahmenbasis, und die demographische Entwicklung wird dazu führen, daß der Bedarf an Pharmaprodukten stetig zunehmen wird", erklärt er. Wer ängstlicher ist, dem rät Thilenius zu Lebensmittelkonzernen wie Danone, Nestlé oder Unilever mit etwas weniger Rendite - etwa 7 bis 10 Prozent im Jahr. Da diese Unternehmen nur über starke Markennamen, aber nicht wie die Pharmakonzerne über lukrative Patente verfügen, zieht er Pharmawerte vor.

Wer dann auf den Herbst des Lebens zusteuere, solle bei günstigen Gelegenheiten sein Depot sukzessiv auflösen und das Geld notfalls bis zum Ruhestand in einem Geldmarktfonds parken. Damit umschiffe man die Gefahr, die Aktien zu einem ungünstigen Zeitpunkt verkaufen zu müssen. "Der Ruhestand kommt ja nicht plötzlich, Sie haben genügend Zeit, sich darauf vorzubereiten", erklärt Thilenius. In der Tat: Man sollte bereits im Frühling an den Herbst denken.  (Autor: HANNO BECK)

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