Auf den Einsatz kommt es an


Die Dynamik der Dividendenrendite wird unterschätzt
In diesen Tagen erhalten Dax-Aktionäre so viel Dividende wie noch nie. 27 Milliarden Euro schütten die 30 Aktiengesellschaften aus. Bezogen auf das aktuelle Dax-Börsenkapital, errechnet sich eine Dividendenrendite von 3,3 Prozent. Doch wer so rechnet, unterschätzt sogar noch die Bedeutung der Dividende, meint Georg Thilenius. ,,Erst der Blick zurück auf vor Jahren mögliche Einstiegskurse zeigt, wie viel allein mit Dividenden zu verdienen ist. Hinzu kommen im Regelfall ja noch Kursgewinne”, sagt Thilenius.

Der Vermögensverwalter aus Stuttgart empfiehlt dividendenstarke Aktien vor allem älteren Anlegern, für die im Ruhestand laufende Erträge wichtig sind. Weniger geeignet hält er Aktien substanzstarker Unternehmen für junge Leute. „Junge Anleger sollten zum Vermögensaufbau eher risikoreichere, aber eine höhere Rendite versprechende Wachstumsaktien wählen”, sagt Thilenius. Doch wem es auch in jungen Jahren vor allem um den Kapitalerhalt nach Inflation gehe, der könne durchaus auf dividendenstarke Aktien setzen. Doch wie findet man die? Schließlich sind die dividendenstarken Aktien von heute nicht zwingend die dividendenstarken Aktien von morgen. Um heute die dauerhaft guten Substanzaktien zu finden, setzt Thilenius auf folgenden Filter: „Wer in den letzten zwölf Jahren die Dividende kontinuierlich erhöht hat, über zwei Konjunkturzyklen hinweg und insbesondere in den zwei schlechten Jahren 2002 und 2003 stets Dividende gezahlt hat, für den kann man eine hohe Prognosewahrscheinlichkeit veranschlagen, dass er auch künftig Dividende zahlen und sie regelmäßig erhöhen wird.” Beispielhaft waren in der Vergangenheit für Thilenius drei europäische Standardwerte. Der deutsche Chemiewert BASF, der französische Ölwert Total und die britische Bank HSBC.

Der Blick zurück kann dem Anleger den Mund tatsächlich wässerig machen. Die Kursgewinne der drei von im Durchschnitt 300 Prozent seit zwölf Jahren sind das eine, die Dividenden das andere. Nach Daten von Thilenius steigerte die BASF die Dividende in den vergangenen elf Jahren um 18 Prozent jährlich auf heute 3,90 Euro. Bezogen auf den aktuellen Kurs, ergibt sich eine Dividendenrendite von 4,3 Prozent. Doch Thilenius macht eine andere Rechnung auf: „Bezogen auf den Kurs am 1, Januar 1996 von rund 15 Euro, ergibt sich heute eine viel imposantere jährliche Rendite, nämlich 26 Prozent”, sagt Thilenius. Ähnlich in den beiden anderen Fällen: HSBC, größte Bank im europäischen Bankenindex Stoxx Banks, bringt es nach einem jährlichen Dividendenwachstum in den vergangenen elf Jahren von 13 Prozent auf eine Dividende von inzwischen 0,90 Dollar. Das entspricht, bezogen auf den aktuellen Kurs, einer Rendite von 7,8 Prozent. Wer indes im Januar 1996 eingestiegen ist, erhält, bezogen auf seinen damaligen Einsatz, eine Dividendenrendite von 25 Prozent. Und bei Total beträgt die Dividendenrendite, bezogen auf den Kurs im Januar 1996, nach einem jährlichen Dividendenwachstum von 14 Prozent und einer Dividendenzahlung in diesem Jahr von 2,07 Euro 16 Prozent.

„Alle drei Unternehmen, BASF, Total und HSBC, haben sich langfristig bewährt, sind auch im Weltmaßstab groß, verfügen offensichtlich über ein verantwortungsvolles Management und bieten damit alle Chancen für eine weiterhin gute nachhaltige Unternehmensentwicklung”, sagt Thilenius. Für vorteilhaft an HSBC und BASF hält Thilenius auch deren starke Verankerung im vermutlich weiterhin wachstumsstarken Asien. BASF, Total und HSBC kehren derzeit zwischen 40 und 60 Prozent ihres Gewinns als Dividende aus — ein Verhältnis, das Thilenius für gesund hält. Denn damit hätten die Unternehmen noch Reserven in schlechten Jahren, um die Dividende auch nach einem Gewinnrückgang noch konstant zu halten. Hüten sollten sich Anleger dagegen vor Unternehmen, die ihren Gewinn vollständig ausschütten — wie zum Beispiel die Telekom oder vor einigen Jahren TUI. „Unternehmen, die ihren Gewinn nicht zumindest teilweise reinvestieren, werden von Konkurrenten eingeholt und werden früher oder später vom Markt verschwinden”, sagt Thilenius.

Verschwinden tut indes auch ein Teil der Dividende, die beim Anleger ankommt. So müssen von den attraktiven Dividendenrenditen noch Steuern abgezogen werden. Heute ist es die Einkommensteuer, wobei allerdings nur die hätte der Dividenden veranlagt werden muss. Künftig wird Abgeltungsteuer auf die volle Summe fällig. ,,Für einen Anleger mit Spitzensteuersatz ändert sich die Höhe der Besteuerung der Dividende minimal”, stellt Thilenius fest. Auch nach Abzug von gut 25 Prozent Steuern schlügen Anleger mit der Dividendenstrategie die derzeit grassierende Inflation um Längen. Insbesondere dann, wenn sie die Dividende auf ihren ursprünglichen Einsatz beziehen. (Autor: HANNO MUSSLER)

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