Das Depot beackern


Vermögensverwalter Georg Thilenius setzt auf Agrar-Aktien
Milch wird teurer, Fleisch auch. Viele Verbraucher klagen, immer weniger sei nach dem Einkauf im Supermarkt vom Einkommen noch übrig. Der Stuttgarter Vermögensverwalter Georg Thilenius glaubt zu wissen, wie man gegensteuern kann: "Wer einen weiteren Anstieg der Lebensmittelpreise erwartet, sollte Aktien von Zulieferern landwirtschaftlicher Betriebe kaufen. Damit lässt sich ein Teil des Nahrungsmittelpreisanstiegs ins Depot umleiten."

Die Statistik zeigt, dass der Kassenzettel nicht nur gefühlt eine höhere Endsumme ausweist als noch vor kurzem. Die Inflationsrate im Euro-Raum lag im Oktober ungewöhnlich hoch auf 2,6 Prozent, in Deutschland wurden Nahrungsmittel gegenüber dem Vorjahresmonat sogar um 4,8 Prozent teurer. "Einen so hohen Wert gab es zuletzt im Jahr 2002 während der Maul- und Klauenseuche", erinnert Thilenius. "Es sieht so aus, als ob die Lebensmittelpreise, die lange Zeit den Preisanstieg der Industrierohstoffe nicht mitgemacht haben, nun dauerhaft teurer werden."

Die Gründe für den Preisanstieg der Agrarrohstoffe sind nach Thilenius ähnlich wie zum Beispiel für Öl. Die Abkehr von der Planwirtschaft und anderen Einengungen habe in Entwicklungsländern Wachstumspotential freigesetzt. Zudem sei der Anteil junger Menschen an der Bevölkerung in vielen dieser Länder höher als bei uns. Ein Bedürfnis der an Kaufkraft gewinnenden Schichten sei eine bessere und abwechslungsreichere Ernährung. "Chinesen wollen nicht nur immer öfter Auto statt Fahrrad fahren, sondern trotz der Vorzüge der chinesischen Küche gerne einmal ein saftiges Steak verzehren", meint Thilenius.

Anders als bei Industrierohstoffen steht der Preisanstieg für Lebensmittel aber am Anfang. "Auf den Agrarmärkten ist die Lage etwa so, als ob sich die Preise für ein Barrel Öl schon vom lang jährigen Durchschnitt von 20 Dollar auf 40 Dollar verdoppelt hätten, aber noch sind sie weit entfernt von den heute fast 100 Dollar", zieht Thilenius eine Parallele. Der Preisanstieg der Lebensmittel werde zwar langsamer, aber kontinuierlicher verlaufen als der Anstieg der Rohölpreise seit 1998. Denn die Nachfrage von 3,5 Milliarden Menschen mit Bedarf nach besserer Ernährung steige konstant. Für Ölpreise lassen sich in der Vergangenheit Auf- und Abwärtszyklen über 18 Jahre hinweg feststellen. Für Agrarrohstoffe erwarte ich sogar einen Anstieg über einen noch längeren Zeitraum als 18 Jahre", sagt Thilenius.

Von einer Direktanlage in Schweinebäuche oder Kaffee rät Thilenius ab. Zu unvorhersehbar seien für Laien die Einflussfaktoren auf die Preise wie Frost in Brasilien oder Dürre in Australien. Auch die Aktien von Lebensmittelverarbeitern wie Nestlé, Danone und Südzucker meidet er. Sie könnten wegen der weitgehend stagnierenden Kaufkraft der Verbraucher in Europa und Amerika steigende Lebensmitteipreise kaum weitergeben. In Landbesitzer zu investieren, hält Thilenius auch nicht für klug. Er glaubt, dass angesichts steigender Lebensmittelpreise die Steuerzahler in Europa und Amerika immer weniger bereit sein werden, die zum Teil hohen Subventionen für Landwirte aufzubringen.
Anlegern rät Thilenius vielmehr zu Aktien von bäuerlichen Lieferanten. Viele von ihnen hätten fast eine Monopolstellung. So sei die Aktie des amerikanischen Produzenten von genveränderten Saatgut Monsanto aussichtsreich. Die Nachfrage nach Saatgut steige, weil Mais sich zu Äthanol verarbeiten lasse und daher teuer geworden sei. Monsanto halte Patente auf genveränderte Saaten, die besonders schädlingsresistent seien, erläutert Thilenius. Andere Produkte wie dürretolerante Sorten brauchten nur wenig Wasser zum Wachsen, was nicht zuletzt für Afrika interessant sei. Zudem werde Baumwolle, für die Monsanto Saatgut liefere, weniger als früher durch Kunstfasern verdrängt. Vielmehr sei China zum Nettoimporteur geworden, der Verbrauch von Baumwolle dort steige jährlich um 15 Prozent, berichtet Thilenius.

Gut gefällt ihm auch die Aktie des französischen Saatgut- und Düngemittelherstellers Vilmorin. Zudem nennt er die Aktien der Marktführer für Dünger, Kali und Salz in Deutschland und Potash Corp. of Saskatchewan aus Kanada. Zudem erlaubten die dank gestiegener Lebensmittelpreise höheren Einkommen den Landwirten wieder in Maschinen zu investieren. John Deere aus Amerika sei Weltmarktführer für Traktoren und Mähdrescher und werde diese Position auch noch lange halten.

Thilenius glaubt, mit Agrar-Aktien jährlich einen Wertzuwachs von 10 bis 15 Prozent erzielen zu können. Damit ließen sich Preissteigerungen im Supermarkt von vielleicht 5 Prozent auffangen. Mit Acker im Depot kommt beim Einkaufen vielleicht sogar wieder etwas Freude auf. (Autor: HANNO MUSSLER)

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